Schulschließungen waren überflüssig. Die der Kindergärten auch. Und natürlich die Sperrung der Spielplätze. Alles inzwischen fast amtlich – und jedenfalls das Ergebnis des Sachverständigen-Gutachtens, das die Bundesregierung in Auftrag geben musste. Was darin noch sehr zurückhaltend formuliert wurde, ein Teil der Gutachter gehörte ja selbst zu den Beratern, wird inzwischen auf von der politischen Prominenz nicht mehr bestritten.
Und wie steht’s mit den anderen Lockdown-Maßnahmen, dem Schließen von Restaurants und Geschäften, den Ausgangssperren, dem Verbot sich mehr als 15 Kilometer von der eigenen Wohnung zu entfernen? Alles überflüssig.
Und dann wäre da noch die Maskenpflicht!? Überflüssig. Masken sind für die Pandemiebekämpfung ungeeignet. Was die Lehrbücher schon vor 2020 wussten, musste nun in einer Studie der über jeden Zweifel erhabenen Cochrane Collaboration denen nochmal nachgewiesen werden, die einfach an die Wirksamkeit der Maske glauben wollten. Ergebnis: „Wearing masks in the community probably makes little or no difference to the outcome of influenza-like illness (ILI)/COVID-19-like illness compared to not wearing masks …“ Wer nun glaubt die Wörtchen „probably“ und „little“ könnten den Skandal noch ein bisschen entschärfen, der sei auf die Lektüre der Studie verwiesen – „little“ heißt in der Perspektive public health[1] nicht nur very very little, sondern in Verbindung mit „probably“ nur, dass wissenschaftlich gearbeitet wurde: wissenschaftliche Studien liefern keine absoluten Wahrheiten, sondern zeigen die Wahrscheinlichkeit eines Sachverhalts und der liegt bei 95% (bei „11 new RCTs and cluster-RCTs (610,872 participants)“). Dazu wurde nun auch manch deutscher Experte gefragt. Antwort: Ja nu, das ist jetzt nichts furchtbar Neues (siehe dazu das Interview mit Hendrik Streeck). Eben. Und wurde im März ja auch noch von den Experten behauptet – bis dann der öffentliche Druck stieg.
Aber noch wichtiger – viel wichtiger – ist das Ergebnis der Studie von John Ioannidis, Professor für Medizin und Professor für Epidemiologie und Bevölkerungsgesundheit an der Stanford University und einer der renommiertesten Wissenschaftler seines Faches. Es ist die bislang größte Meta-Studie über die Gefährlichkeit von COVID-19 und behandelt die Age-stratified infection fatality rate of COVID-19 in the non-elderly population. Ergebnis: Die Fallsterblichkeit (IFR) der Ungeimpften(!) liegt bei 0-69 Jährigen im Mittel bei 0,095% und damit deutlich unter der von Grippe (!). Sie steigt mit dem Alter an (0,035 bei 40-49 Jährigen, 0,123% bei 50-59 Jahren und 0,506% bei 60-69 Jahren). Über erkrankte Patienten mit 70+ Jahren macht die Studie keine Aussage – aber dort ist gesichert von nochmal deutlich höheren Raten auszugehen. Wir haben es also mit einer Erkrankung zu tun, die mit zunehmendem Alter zunehmend gefährlich wird, deren Gefährlichkeit aber auch nicht überschätzt werden darf. Im Übrigen handelt es sich um die Fallsterblichkeit – also die Sterblichkeit von Erkrankten – und nicht um die Mortalität, also die Sterblichkeit mit Blick auf die Gesamtbevölkerung. Das Ergebnis liegt also in etwa bei dem Wert, der bereits 2020 durch die Untersuchung von Hendrik Streeck (Gangelt) und am Beispiel der Diamond Princess ermittelt wurden. Dass Cluster-Studien wie die von Hendrik Streeck in Deutschland nicht erhoben, obwohl sie mehrfach politisch versprochen wurden, und stattdessen auf einen ziemlich willkürlich gesammelten Datensalat zurückgegriffen wurde, ist ein weiterer Skandal in der politischen und wissenschaftlichen (!) Pandemiebekämpfung. Auch darüber gibt es jetzt weitgehende Einigkeit. Wir wussten vieles nicht, weil wir es offenbar gar nicht wissen wollten.
Fehlende Fehlerkultur?
Fehler passieren? Aber halt! Nicht, dass ich hier die Sache zu sehr runterspiele. Unnötig und überflüssig, ist schlimm genug. Es war vor allem auch schädlich, hat Kinder und Alte gequält, Existenzen ruiniert, Unmengen Geld verschlungen und grundrechtliche Freiheiten geraubt. Das Mindeste was man erwarten darf, ist den Nutzen, den Maßnahmen erbringen sollen, regelmäßig zu bestätigen und gegen den Schaden, den sie verursachen, abzuwägen. Das aber wurde nicht getan und (fast) niemand hat das verlangt oder gewollt. Die Mehrheit wollte es so und nicht anders, und eben auch gar nicht besser wissen. Sie wollte keine kritischen Fragen und suchte auch keine anderen Antworten.
Wer kritische Fragen stellte, wurde verleumdet, diffamiert und ausgegrenzt: wir wurden als Covidioten, Verschwörungstheoretiker und gerne auch als Rechtsradikale oder Reichsbürger verschrien. Das ist vielleicht der eigentliche Skandal, der den demokratischen Rechtsstaat im Mark erschüttert.
Was wäre wenn?
Wie reagieren nun diejenigen, die zur Kenntnis nehmen müssen, dass vieles, wohl das Meiste – ich äußere mich jetzt mal nicht zur Impfung (!) – falsch war? Lauterbach schiebt’s auf Drosten und Drosten auf Lauterbach. Ich mag und muss nicht entscheiden, wer hier den Ausschlag gab. Aber ich wechsle hier mal sicherheitshalber in den Konjunktiv, also dass es falsch gewesen sein könnte: machen wir das für viele vielleicht nicht mehr ganz abstruse Gedankenexperiment und nehmen darin an, dass vieles falsch war, was unternommen wurde. Was würden wir dann erwarten? Von Politik und Wissenschaft, von den Medien und den Medienkonsumenten? Vor allem wenn wir davon ausgehen, dass kein böser Wille oder Vorsatz im Spiel war und alle eigentlich das Beste wollten und wollen.
Reue? Bedauern? Vielleicht auch nur den Vorsatz, sich beim nächsten Mal anders zu verhalten – also z.B. der Vielfalt der Meinungen Raum zu geben und die Alternativlosigkeit, von der man selbst überzeugt ist, wenigstens abzusichern? Z.B. indem man die Wirksamkeit von Maßnahmen überprüft, die für viele tiefgreifende Auswirkungen haben? Michael Kretschmer z.B., der sächsische Ministerpräsident, hat nun schwere Fehler bei der Pandemiebekämpfung eingeräumt. Aber, so Kretschmer, „das kann man jetzt nicht ungeschehen machen, aber kann offen darüber reden. Und man kann versuchen jetzt auch ein Stück weit nach vorn zu leben und diese Fehler nicht noch mal zu machen und sich vielleicht auch nicht gegenseitig aufzurechnen“. Was da zu tun wäre, das wäre dann zu überlegen.
Besonnen Handeln
Wie gesagt, ich bewege mich im Gedankenexperiment wie es PzZ ansteht. Man kann das anders sehen als Michael Kretschmer und diejenigen, die jetzt selbstkritisch von Fehlern reden. Man muss in Schulschließungen, Lockdowns und der Maskenpflicht keine Fehler sehen oder sie völlig anders bewerten. Aber ich denke es ist ratsam, sich angesichts dessen zu fragen, was wäre wenn, und sein Handeln daran auszurichten. Etwas, von dem man überzeugt ist, dass es richtig ist, so zu tun, dass auch der Andere Recht haben könnte, heißt besonnen handeln. Und Besonnenheit ist vielleicht die philosophischste Tugend.
Gut, dass nur Lauterbach Fehler machte – stellen wir uns vor, dass auch fast alle anderen, das selbe wollten: die TAZ und FAZ, die SZ und die öffentlich Rechtlichen… Nicht auszudenken!
Aber eigentlich war’s ja die Wissenschaft!
Masken haben keinen Effekt – Cochrane Studie belegt, was man auch vorher wusste:
John Ioannidis et. al. zur Fallsterblichkeit bei COVID-19: liefert die Bestätigung von frühen Annahmen und die Widerlegung von deutlich höheren, die sich auf wacklige Schätzungen gründen:
Hendrick Streeck äußert sich zur Cochrane Stuiden und zur Wirksamkeit der Masken:
Tim Röhn kritisiert weniger, dass Fehler passiert sind, sondern die Haltung aus der sie entstanden: die Weigerung zur Diskussion anderer Meinungen, die Ausgrenzung kritischer Stimmen und Fragen, die Blindheit mit der der Kurs des Immer-mehr-vom-Immer-Gleichen gefahren wurde:
Ach ja, kleiner Nachtrag, ganz frisch, vom 02.02.2023: eine Studie aus Deutschland. Können die Masken helfen, wenn sie nicht perfekt sitzen? Nöö. „Therefore, we consider the mandatory use of respirators to be disproportionate and not supported by evidence.“ Man kann sie auch ohne Evidenz tragen – also ich hab’ nichts dagegen, bei anderen. Aber man kann nicht dazu verpflichten. Also man kann schon, darf aber nicht – auch wenn die Mehrheit es will.
[1] Unbestritten haben Masken einen Effekt und nicht nur einen kleinen, nämlich in bestimmten Situationen und unter wie so schön heißt fachgerechter Verwendung. Das ist das vielzitierte, aber meist völlig falsch ins Spiel gebrachte Präventions-Paradox: was für den Einzelnen überaus sinnvoll – ja geradezu lebensrettend – sein kann, ist für die populationsweite Anwendung sinnlos oder gar kontraproduktiv. So kann es also natürlich überaus sinnvoll sein, sich in einem „kontaminierten“ Raum durch eine Maske zu schützen (ich spreche von kann, nicht weil ich daran zweifle, sondern weil es eben von der jeweiligen Situation abhängt!). Daraus kann (und darf) aber nicht auf den Nutzen einer generellen Anwendung geschlossen werden. Ähnliches gilt für „Lockdowns“. Sie sind – nach Lehrbuch – z.B. im Anfangsstadium eines räumlich eng begrenzten Infektion sinnvoll oder gar geboten. Der unter diesen Anwendungsbedingungen sich einstellende Nutzen kann nun freilich nicht auf ganze Bevölkerung extrapoliert werden.