Inside Kakanien I 57: Große Ideen

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Ein Leben ohne Ideale mag man sich nicht vorzustellen. Gerade weil das Leben nicht ideal ist. Im Leben kann vieles anders sein. Während es hier so oder anders gehen kann, soll es „idealer“ Weise so und nicht anders sein. Das „Wesen großer Ideen“ besteht aber nach Musil darin, „daß es immer auch etwas Großes wäre, das Gegenteil davon zu verwirklichen“. Sie haben – nach Musil die „merkwürdige Eigenschaft“, „in ihren Widersinn umzuschlagen“. Ob Musil viel über Ideen und ihr Wesen zu sagen wüsste, kann man bezweifeln; er spricht von „großen Ideen“ oder „Idealen“, die es an sich haben, „unwirklich“ zu sein. Wer sie zu realisieren trachtet, zerstört das Ideal und wird der Wirklichkeit nicht gerecht. Mit „großen Ideen“ geht „ein Unmaß der Forderung“ einher, „das ins Verderben führen muss“. Also Vorsicht bei den „großen Ideen“, denen Parallelaktionen folgen. Das Ideal braucht ein Gerüst. Wie schön wäre es inside Kakanien, ein ganzes Jahr einer „großen Idee“ zu widmen: „Aber haben sie sich schon überlegt, … was wir in diesem Jahr machen sollen? Sehen Sie, das ist es. Das muss man auch wissen. Man muss da ein bißchen von oben nachhelfen, sonst gewinnen die unreifen Elemente die Oberhand. Und ich finde absolut nicht Zeit, mir etwas einfallen zu lassen.

Die Gestalterin der kakanischen Parallelaktion glaubt, der Unsicherheit mit einer noch größeren Idee begegnen zu können: „meiner Meinung nach wäre ein Weltjahr noch schöner“. Gestern dachten wir an Kakanien, heute an die ganze Welt. Finden Sie nicht auch, dass das der richtige Weg ist? Oder sind Sie gegen den Weltfrieden und leugnen die Klimakatastrophe?

Vorsichtig! Vorsichtig!“ warnt da der kakanische Regierungsvertreter, „der von der geistigen Kühnheit seiner Freundin schon oft erschreckt worden war. ‚Ihre Ideen sind vielleicht ein klein wenig zu groß… Sie haben das ja schon einmal gesagt, aber man kann nicht vorsichtig genug sein. Was haben Sie sich also ausgedacht, das wir in diesem Weltjahr tun sollen.“ Damit hat er „genau den schmerzhaftesten Punkt“ erwischt.

Wir, die wir global denken und die Welt retten, sind darüber längst hinaus.

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