Um Himmels Willen – Herdenimmunität

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Das Kantonsspital St. Gallen hat eine Abteilung für Infektiologie und Spitalhygiene. Natürlich können auch dort Verschwörungstheoretiker sitzen – wie überall. Eine eigene Abteilung gibt’s dafür meines Wissens jedenfalls nicht. Der Chefarzt für Infektiologie, Prof. Dr. Pietra Vernazza, hat jetzt jedenfalls auf der Home-Page der Abteilung einen Beitrag veröffentlicht, der zum Glück das Unwort „Herdenimmunität“ vermeidet.  Er fragt lediglich „Haben viele Menschen bereits eine Immunität gegen COVID?“ und untersucht die „zelluläre Immunantwort“ bzw. „zelluläre Immunität“ und kommt zu dem Schluss, dass sie den Verlauf der Pandemie (Entwicklung der Zahlen von positiv Getesteten, Erkrankten und Toten) gut erklären könnte. Es könnte ein Deja-Vu mit der Schweine-Grippe (H1N1) geben, die zunächst völlig falsch eingeschätzt wurde und deren milder Verlauf nun von den damaligen Experten u.a. als eine Folge von T-Zellen Immunität erklärt wird. Und dann kommt das böse Wort doch vor: man müsse „die Diskussion über «Herdenimmunität» neu führen“ (- um Himmels Willen?!), aber nur weil „die schwindenden Fallzahlen unmöglich durch die klassische «Herdenimmunität» mittels Antikörper erklärt werden“ können. Puh, Glück gehabt!

Pietra Vermazza beruft sich dabei auf eine Untersuchung, die im British Medical Journal am 17.09.2020 veröffentlicht wurde. Es spricht einige dafür, dass T-Zellen für eine „zelluläre Immunität“ verantwortlich sind und führt zu der abschließenden Frage, ob „pre-existing immunity be more protective than future vaccines? Without studying the question, we won’t know.“? Zwar hätten „German investigators“ einiges beigetragen (er meint nicht Prof. Bhakti, sondern eine andere Studie), aber im Gegensatz zu der Entwicklung von Impfstoffen habe die T-Zellen Studien „received scant media attention“. – Kann ich bestätigen.

Schweden – ach Gott

Und dann gibt es da doch diese … na ja, Fachleute (?), die so leichtfertig von Herdenimmunität reden?! Und dann noch auf Schweden verweisen. Da hat mich letzthin auch „mein“ Guardian geschockt. Die haben sich aber gleich selbst kritische Fragen gestellt – die freilich nicht so richtig kritisch waren? Und dann gibt’s da dann auch noch den „englischen“ Arzt, Sebastian Rushworth, der in Stockholm mit COVID-19 Patienten arbeitet und schon das dritte Mal ganz unaufgeregt über Schweden berichtet und nun allen Ernstes fragt: „ COVID-19: Hat Schweden die Herdenimmunität erreicht?“ Nun ja, was er da sagt, ist natürlich sehr … na sagen wir mal, subjekiv erfahrungsgesättigt: das normale Leben sei in Stockholm wieder zurückgekehrt?! Unfassbar. Wie COVID-19 doch auf viele Bereiche ausstrahlt und Wahrnehmungen beeinflusst! Normal? Schweden? Das ist ja …

Aber diese Stimmen hört man jetzt öfters. Das ist alles reichs….rechts … äh… Querdenken. Die scheinen jetzt auch schon Zugang zu den Zahlen von „Our World in Data“  zu haben. Lange Zeit war man sich sicher, Schweden ist so Scheiße, das sieht man ja auch im Vergleich zu Norwegen und Dänemark. Jetzt diese Zahlen? Schweden entwickelt sich nicht schlechter, eher besser als die beiden? Auch der der Bundes-Spiegel ist überrascht, aber zeigt sich unsicher: es könnte alles noch … nichts ist sicher … es könnte noch ganz ganz schlimm kommen.

Ich weiß ja wirklich nichts …

Und vor allem weiß ich gar nichts. Stimmt. Das will ich gar nicht bestreiten.  Ich will nur, dass man berechtigte, (och Gott, dann eben) wissenschaftliche Zweifel nicht verschw… also nicht außen vorlässt. Wie z.B. diesen französischen „Verschwörungstheoretiker“ und Mitglied der Haut Conseil de la santé publique, Jean-François Toussaint, den ich ja schon mal zu Wort kommen ließ. Ein wirklich aufschlussreiches Interview.

Es lebe die Prophylaxe – weil es könnte schon wirklich …

Aber es bleibt dabei: Es lebe die Prophylaxe vor … allen Krankheiten und Sinnesstörungen. Koste es was es wolle! Der Entwicklungsminister Müller, meines Wissens CSU und deshalb verschwörungstheorieresistent meint ja: „An den Folgen der Lockdowns werden weit mehr Menschen sterben als am Virus“ – das ist doch dann gute Prophylaxe. Maske auf und durch!

P.S.: Ach, du liebe Zeit, jetzt verlieren wir auch noch Oxford. Jetzt wird dort auch noch behauptet, dass die Todeszahlen nicht stimmen. Wo kommen wir da hin. Sind denn jetzt alle schwarz, weiß, rot? Können die jetzt alle nicht mehr richtig rechnen. Überzeugen Sie sich selbst, Professoren sind wirklich verwirrt: Gut, dass wir die Charité haben!

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