Der Trickser zur Trinität

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Trinität im Gespräch

 Andrei Rubljow: Dreifaltigkeitsikone (Tempera auf Holz, um 1400) (Wikimedia) – Tretjakow Galerie, Moskau – Vergrößern

Schrift und Natürliche Theologie

Wir könnten Gott als eine Wirk-Kraft verstehen wollen, die natürlich oder „übernatürlich“, sub- oder translunar, z.B. als erster Beweger oder als kosmisches Gesetz (der Ordnung), zufällig oder wesens-notwendig unser Dasein bestimmt. Er wäre etwas, das uns entgegensteht und wie ein Gegen-Stand auf uns wirkt. Eine Vorstellung, die in der Geschichte der Menschheit bis in die heutigen Tage viele Ausprägungen hat.

Gott christlich als Person zu denken und als personales „Gegenüber“ zu verstehen (und zu erfahren) ist etwas komplett anderes – und historisch keineswegs „selbstverständlich“. Das „Gegenüber“ ist ein Miteinander, das Wirken ein Sprechen und das Erkennen ein Anerkennen und Verstehen.

Personen gibt es nur im Plural. Eine Person ist „etwas“, das sich zu sich verhält indem es sich zu anderen Personen verhält, die sich zu ihr verhalten. Sie ist, was sie ist (und sie sind, was sie sind) nur in diesem Verhältnis zueinander. Das Sein der Person ist Ansprache und Angesprochensein. Das ist der „Grund“, die „Wahrheit“ der Trinität.

Nicht weil es in einem Buch aufgeschrieben steht, wird es als wahr geglaubt; es wird geschrieben, weil es zu glauben ist und es wird (in der „Gemeinschaft der Heiligen“) bewahrt, weil wir uns nur in diesem „Glauben“ verstehen. Das ist keineswegs „selbstverständlich“: Das was uns – und Gott (!) – ausmacht, ist etwas, auf das wir nicht einfach zeigen können. Nichts davon versteht sich von selbst. Und wenn wir davon sprechen, dann tun wir uns schwer, weil vieles paradox und schier widersinnig scheint: ein Gott und doch drei Personen, ein Gott, der zugleich als Sohn gelten soll und und und. Das gesprochene Wort ist nicht mit dem Sprechenden gleichzusetzen, Vater und Sohn sind nicht dasselbe. Und doch „gibt“ das Wort und nichts anderes das „Wesen“ des Sprechers: was die Person ist, was ihr Sein ausmacht, das spricht sich uns zu und ist nur in diesem Zusprechen („da“). Sie ist nicht „geistloser“ Körper, nicht „lebendiger“ Leib, sondern „lebendiges“ Wort, das gehört wird – Geist.

Nicht weil es dunkle Stellen in der Schrift gibt, die auf die Trinität deuten, müssen wir sie glauben. Sie sind dunkel, weil die „Diesigkeit“ unser Dasein bestimmt, und wir glauben sie (und müssen sie bei Strafe des geistlosen Selbstverlustes glauben), weil wir sie gegen das Unverständliche festhalten müssen. Es geht hier nicht um das Henne-Ei-Scheinproblem. Die Schrift spricht aus der Erfahrung unserer „Diesigkeit“ und erhellt sie „geistvoll“. Und weil sie zu uns (!) spricht, die sich als „Diesige“ verstehen, indem sie „über sich hinaus“ gehen, müssen wir es darauf hin verstehen.

Das „Diesige“ und Dunkle wird sich nach christlicher Verheißung dereinst klären, das überlieferte „gesprochene Wort“, das es hier und jetzt gehorsam und gehörig anzueignen gelte, wird sich dann selbst zeigen. Das zirkuläre, diesig hermeneutische Vor- und Zurücktappen im Hermetischen, der (auf-)lesende Zugang zur Welt und sein diskursives Erschließen von Wesentlichem am Wahrscheinlichen, das Ringen um Selbstbestimmung durch Anerkennung, das alles wird demnach in der jenseitigen Schau „aufgehoben“. Als dereinst „Aufgehobenes“ ist es schon da und kann „erlebt“ werden. Das ist die Wahrheit der Mystik. Es gibt eine diesige Nähe als Näherung (ein itinerarium mentis in Deum): die Freude an der „Frohbotschaft“ und der Gegenwart Gottes, die Liebe zur Wahrheit, die im Wahrscheinlichen aufgespürt werden kann, und die Liebe zum Nächsten, die in der tätigen Zuwendung erfahren wird. An der Näherung misst sich das rechte Verständnis.

Die Links dieser Seite wurden zuletzt am 28.08.2019 überprüft.


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