Alte weiße Männer wie ich fassen sich gelegentlich an den Kopf… und finden da nichts. Was da so grad noch auf und aus dem Kopf wächst ist reichlich „schwach“. Jetzt zum Glück nicht bei mir. Aber man muss schon vorbeugen. Es gibt da ja Qualitätserzeugnisse für die Top-Models einstehen: ein bisschen davon und man sieht aus wie dieses auf der Hochglanzfolie da und ist wieder 55.
Ich bin kein Influenzer – also jedenfalls nicht für Kosmetik-Produkte. Aber eines der deutschen Qualitätsprodukte im Kopfhaarpflegebereich ist Schwarzkopf, inzwischen eine Dachmarke des Henkelkonzerns geht sie auf den Chemiker Hans Schwarzkopf zurück. Gut, für seinen Namen konnte er nichts. Heute stellt sich auf WikiCommons die Marke eher farbinversiv darf: der Kopf wird weiß, der Hintergrund schwarz.
Sie wissen schon Schwarzkopf … das könnte bei empfindlichen Herzchen anstößig wirken. Das würde allemal grüne Wähler verunsichern oder gar abstoßen. Oder liegt das an dem Zusatz „PROFESSIONAL“? Ein Professional ist weisskopfig? Nein. Keine Farben, also keine farbigen Köpfe. Wäre auch komisch, z.B. einen grünen Kopf zu zeigen! Das wäre nicht professionell, glaub ich – aber ich kenn‘ mich in Produktwerbung nicht aus.
Jetzt soll es ja wieder einen Skandal um Haarkosmetik gegeben haben. Sie erinnern sich, damals ging es um die Unterstellung, der damalige Bundeskanzler habe sich die Haare färben lassen. Unglaublich. Diesmal geht es wohl um eine Sache, die einen Kopf der Grünen, schwach aussehen ließ. Das ist natürlich wirklich skandalös. So geht’s ja nun doch nicht. Man darf in einer Demokratie schon vieles, aber auch nicht alles. Der vormalige Kanzlerkanditat der CDU/CSU Armin Laschet z.B. meint ja:
„In einer Demokratie darf man die Herrschenden Idioten, Schwachköpfe, Deppen nennen. In Diktaturen wird man dafür strafrechtlich verfolgt. Als Ministerpräsident wurde mir oft vorgeschlagen, beleidigende Tweets mit Strafanzeigen zu verfolgen. Bis heute unterzeichne ich solche nur bei Morddrohungen. Liberale Demokratie braucht Gelassenheit, Maß und Mitte.“
Ich weiß nicht, wie er drauf kommt? Aber damit kann man Ministerpräsident von NRW werden, aber halt nicht Bundeskanzler. Das ist ja schlimmer als an der falschen Stelle zu lachen…
Er will wohl sagen: Majestätsbeleidigung gibt’s nicht mehr. Wir leben in einer Demokratie. Aber eben auch in einem Rechtsstaat. Da dürfen Politiker natürlich nicht beleidigt werden: so das Strafgesetzbuch im § 188:
Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung
(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.
(2) Unter den gleichen Voraussetzungen wird eine üble Nachrede (§ 186) mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren und eine Verleumdung (§ 187) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Der §188 erlaubt es denn auch dem „Amtsgericht Bamberg durch die Richterin am Amtsgericht Englich am 06.08.2024 folgenden Beschluss“ zu fassen: „Nach §§ 102, 105 Abs.1, 165 Abs. 1 Strafprozessordnung wird gemäß §33 Abs. 4 Strafprozessordnung ohne vorherige Ankündigung die Durchsuchung der Person, der Wohnung mit Nebengebäuden und der Fahrzeuge des Beschuldigten … nach folgenden Gegenständen angeordnet: Mobiltelefone, internetfähige Endgeräte, digitale Speichermedien.„
Die Gründe? Bitte sehr:
„Aufgrund der bisherigen Ermittlungen, insbesondere den Screenshots der Postings und den Ermittlungen zum Nutzen des „X“-Accounts „IchbinsFeinet“ besteht folgender Tatverdacht:
Der Beschuldigte ist Nutzer des Accounts „IchbinsFeinet“ auf der Internetplattform „X“ mit ca. 901 Followern.
Zu einem gegenwärtig nicht eingrenzbaren Zeitpunkt in den Tagen bzw. Wochen vor dem 20.06.2024 veröffentlichte der Beschuldigte unter Nutzung des Accounts eine Bilddatei, die eine Porträtaufnahme des Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck mit den an den Werbeauftritt der Fa. Schwarzkopf angelehnten Schriftzug „Schwachkopf PROFESSIONAL“ zeigt, um Robert Habeck generell zu diffamieren und ihm sein Wirken als Mitglied der Bundesregierung zu erschweren.
Die Staatsanwaltschaft bejaht das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung.
Dies ist strafbar als gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung gemäß §§ 185, 188 Abs. 1, 194 StGB.
Die oben genannten Gegenstände können als Beweismittel von Bedeutung sein.
Nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen sind Gründe für die Annahme vorhanden, dass die Voraussetzung für die Einziehung vorliegen.
Die angeordnete/n Maßnahme/n steht/stehen in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts und ist/sind für die Ermittlung notwendig.
Soweit auf die Kommunikationsverbindungsdaten zugegriffen wird, gilt dies auch im Bezug auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht d. Beschuldigten.
Es ist zu vermuten, dass die Durchsuchung zum Auffinden der Gegenstände führen wird. “
Ah ja, war er’s oder war er’s es nicht, das ist eine besonders spannende Frage, wenn niemand daran zweifelt und er es einfach zugibt – wenn man ihn fragt. Was soll er eigentlich gemacht haben? Eine „Beleidigung“ gegen eine Person „des politischen Lebens gerichtete Beleidigung gemäß §§ 185, 188 Abs. 1, 194 StGB“. Aber es wird doch „wegen Volksverhetzung“ ermittelt – und das wäre doch nach §130 StGB, oder? Wenn interessiert das schon?“
Wenn wir das nächste Mal ein Haarshampoo benutzen, dann freuen wir uns einfach, dass wir im besten Deutschland aller Zeiten leben und Minister haben, die sich darauf konzentrieren, unser aller Wohl zu besorgen und die Demokratie zu retten.
P.S.:
Wer noch nicht Minister ist und nur Fraktionsvorsitzende einer ungeliebten Partei im Bundestag, die dürfen Sie durchaus als „Nazi-Schlampe“ bezeichnen. Das ist ja keine Beleidigung, oder? Nein, nur Satire!
P.P.S.:
Und wie ist das mit mir? Darf man mich als Covidiot bezeichnen? Ist das nicht Volksverhetzung? In §130 StGB heißt es doch:
„(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“
Oder ist „Schwachkopf“ doch etwas anderes als „Idiot“? Na vor allem, war das ja nicht böswillig und hatte ja außer einer gewissen Ausgrenzung keine Konsequenzen. Während Schwachkopf … das haut halt schon anders rein, gell?