Man muss ja sehr vorsichtig sein, was man noch glauben darf. Vor allem in Zeiten der KI und der Video- und Tonmanipulation. Niemand glaubt ja, dass dieses „Gespräch“ zwischen Herrn Jauch und Frau Baerbock wirklich stattgefunden hat. Es handelt sich um eine schlimme, alles andere als witzige, vermutlich delegitimierende Parodie. Oder meinen Sie nicht?
Deshalb muss man auch bei Aussagen vorsichtig sein, die Vizekanzler Habeck zugeschrieben werden und ziemlich erstaunlich sind. Vielleicht nicht falsch, aber doch erstaunlich. Er – oder ein Deep Fake von ihm – soll beim „Demokratiefest“ zum Krieg in Gaza folgendes gesagt haben:
„Selbstverständlich muss Israel sich an das Völkerrecht halten. Und die Hungersnot, das Leid der palästinensischen Bevölkerung, die Angriffe im Gazastreifen sind – wie wir jetzt auch ja gerichtlich sehen – mit dem Völkerrecht nicht vereinbar. Das heißt, es ist in der Tat so, dass Israel dort Grenzen überschritten hat, und das darf es nicht tun.“
Wollen, dürfen wir das glauben? Also, wie gesagt nicht weil es falsch wäre – das sei mal dahingestellt – sondern weil es doch offensichtlich der Haltung „seiner“ Bundesregierung ziemlich krass widersprechen würde.
Nun es gibt natürlich eine Filmaufnahme seines Auftritts. Aber können wir ihr trauen?
Neben der einen, in der jemand der wie Robert Habeck aussieht, das angeführte von sich gibt, gibt es eben auch eine andere, in der davon nichts zu sehen und zu hören ist. Phoenix, der öffentlich-rechtliche Sender, der von ARD und ZDF gemeinsam betrieben wird, hatte das Ganze 4 Stunden lang übertragen und dann auf YouTube zur Verfügung gestellt. Und gucken wir uns das an, dann stellen wir fest, dass sich dort die Äußerung Habecks nicht findet! Also, bitte! Wieder mal Desinformation, Lug und Trug auf X (ehemals Twitter)!?
Phoenix wirbt übrigens für sich mit dem Spruch „Das ganze Bild“ – schon allein das, macht es höchst unwahrscheinlich, dass hier was gekürzt, um nicht zu sagen „ge-lückt“ wurde. So was macht man dort einfach nicht. Wäre ja auch dumm, höre ich einige sagen, denn es wäre ja schließlich eine tolle Meldung gewesen, die Aufmerksamkeit und damit „Klicks“ garantiert. Das hätte man sich – nicht nur bei Phoenix – bestimmt nicht entgehen lassen, oder?
Aber was muss ich nun lesen: „CSU-General attackiert Habeck wegen Israelkritik“. So titelt dazu SPIEGEL Online. Vergleichbares findet sich schließlich auch bei anderen „Qualitätsmedien“. Also stimmt, was man auf X (ehemals Twitter) sieht und hört?
Hmm, aber in der 4 stündigen Phoenix Aufzeichnung ist davon nichts zu sehen. Nun ja, wenn wir Habecks Rede auf Phoenix verfolgen, dann fällt uns ab 2:10:42 schon eine Kleinigkeit auf. Es gibt da offenbar einen „Schnitt“: was in der ursprünglichen Übertragung zu sehen war, wurde für YouTube wohl „verändert“. Die Fassung, die Phoenix auf YouTube zur Verfügung stellt, hat eine „Lücke“.
Eine vergleichbare „Lücke“ finden wir übrigens auch bei ARD und ZDF. Beide mussten auch über die Kritik an Habecks „Israelkritik“ berichten. Aber dort wird nicht die „Lücke“ oder sagen wir besser Habecks Statement gezeigt, sondern nur paraphrasiert und in Ausschnitten zitiert. Das ist deshalb irritierend, weil die Öffentlich-Rechtlichen rechtlich darauf verpflichtet sind, sich in ihren Online-Angeboten auf audio-visuelle Angebote zu konzentrieren. Sie dürfen nicht „presseähnlich“ auftreten: der Textanteil ist zu beschränken und soll nur zu den audio-visuellen Angeboten hinführen und sie ergänzen. Bei Habecks „Israelkritik“ hätten sie nun im eigenen Bestand solch ein Angebot, verzichten aber darauf, es zu präsentieren. Seltsam, seltsam. Sie wollten uns vermutlich wieder mal nicht verwirren. Sie hätten bestimmt auch bei anderen „erstaunlichen“ Aussagen anderer Politiker anderer Parteien, sagen wir mal der AfD oder dem BSW, darauf verzichtet, gell?
Hier sei beispielhaft auch der SPIEGEL Online Beitrag herangezogen – der Tenor findet sich in vielen vergleichbaren „Qualitätsmedien“. Titel und Teaser geht dort so:
»Unfassbar und beschämend«
CSU-General attackiert Habeck wegen Israelkritik
Der deutsche Vizekanzler hat Israel nach der jüngsten Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs für das Vorgehen im Gazakrieg kritisiert. In der Union ist man außer sich.
Man sieht einen ratlosen, angeschlagenen Robert Habeck, der fassungslos etwas entgegenblickt, was da auf ihn zukommt. Zurecht, denn er wird ja von einem „General attackiert“, der Arme, und zwar bloß wegen „Israelkritik“. Ist das nicht „unfassbar und beschämend“. Was eigentlich als Kritik an Habecks „Israelkritik“ gedacht war, wird durch geschickte Präsentation zur Kritik der Kritik an Habecks Israelkritik. Man bekommt den Eindruck, die Kritik des „CSU-Generals“ sei „unfassbar“und beschämend“. Und überhaupt die CSU? How dare you?! Es handelt sich immerhin um den „deutschen Vizekanzler“! Also ein bisschen Respekt bitte. Ist das nicht schon „Delegitimierung“? Und der sagt doch nur, was der Internationale Gerichtshof entschieden hat! Also bitte!? Und darüber ist „man in der Union außer sich“?! Das ist die eigentliche Meldung, darin liegt der Skandal. Nicht der behauptete Völkerrechtsbruch! Was dort „Israelkritik“ genannt wird, ist eine schwerwiegende Anklage, die das Verhältnis Deutschlands zur aktuellen Politik Israels fundamental in Frage stellt. Ob Israel gegens Völkerrecht verstößt oder auch nicht, will ich dahingestellt sein lassen. Dass Habeck Israel einen Völkerrechtsbruch vorwirft und damit von der Haltung der Bundesregierung abweicht und der übergroßen Mehrheit der veröffentlichten Meinung abweicht, das ist … na sagen wir mal: nicht so wichtig. Es würde uns vermutlich verunsichern.
Das „Demokratiefest“ war ein „Bürgerfest“ zur Feier des Grundgesetzes. Es wurde 75. Schon ein ganz schönes Alter, in dem es nicht immer einfach ist, sich an alte Zeiten und Vorsätze zu erinnern. Man muss dafür kämpfen, meint Habeck. Die Öffentlich-Rechtlichen und die Qualitätsmedien tun es auf ihre Weise.