Der Horizont wandert mit uns. Wir gleiten auf ihn zu und er verschiebt sich. Die Insel, die wir gerade noch sahen, geht unter und eine neue erscheint. Das ist eine bekannte Metapher aufs Verstehen. Und sie hat ihre Berechtigung was die Abhängigkeit von unserem Standpunkt betrifft. Die ist unhintergehbar. Doch wie meist verdeckt die Objektivierung das Entscheidende. Die Erdkrümmung ist keine Grenze der Einsicht. Anders als im geographisch Physikalischen erweitert sich unser Horizont. In der Aneignung vergangener Welten vergrößern wir unseren Weltausschnitt. Freilich nur dann, wenn wir ihr Anderssein anerkennen und als Bereicherung wahrnehmen. Wer sich Homer und Aischylos, Platon und Augustinus, Dante und Shakespeare vergegenwärtigt, der sieht hinter die Krümmung der eigenen Welt und belebt den toten Winkel des eigenen Daseins. Wir können im Geistigen unseren Schatten überspringen und weit über uns hinaus kommen.
Geistige Horizonterweiterung
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