Nehmen wir einen Gefangenen, bei Musil ist es ein Prostituiertenmörder, ein Verbrecher, mit dem es auch das Leben nicht gerade gut meinte. Er wird von einem Gefängnis in ein anderes verlegt. Für ihn ist das eine Abwechslung. Für die anderen eine lästige Arbeit: sie müssen sicherstellen, dass er sich nicht selbständig macht und hinter Gittern bleibt. Sein Dasein ist allen eine Last.
Seine „Hinrichtung war auf unbestimmte Zeit verschoben worden“. Er blieb also einstweilen am Leben. „Er fürchtete sich aber nicht vor dem Tod. Man muss im Leben vieles aushalten, das bestimmt weher tut als das Aufhängen, und ob man ein paar Jahre mehr oder weniger lebt, darauf kommt es schon gar nicht an.“ Sollte er das Leben schön nennen? Die Überführung im engen „Zellenwagen“ war holprig. „Ein wirres Geholper kam aus den Rädern durch die Bank in seinen Körper…“. Die Welt jenseits der Gitter war diffus, manche nennen sie „diesig“. „Der Lärm draußen rauschte, schmetterte; war wie ein Tuch gespannt, über das hie und da der Schatten irgendeines Vorgangs huschte… Zwischen zwei dunklen, ruhenden Gefängniszeiten schoß eine Viertelstunde undurchsichtig weiß schäumender Zeit. So hatte er auch seine Freiheit immer empfunden. Nicht eigens schön.“
Und wenn er dereinst zur Hinrichtung gebracht wird, wird es „nicht viel anders sein„, die Fahrt wird wieder holprig sein und „man wird fortwährend zu tun haben wie jetzt, um bei den Stößen nicht von der Bank zu rutschen, und wird nicht viel sehen und hören, weil lauter Leute um einen herumspringen. Es wird schon das Gescheiteste sein, wen man endlich von allem Ruhe hat.“
Manch bibelfester Zeitgenosse mag sich darauf seinen eigenen Reim machen. Und dem philosophisch Belesenen gehen vielleicht alte Mythen und Gleichnisse durch den Kopf. Musil gibt dem Gefangenen „ein Lächeln des Einverständnisses“ und lässt ihn die Soldaten vergessen, „die ihm gegenüber saßen und geradeso wie er von den Stößen des Wagen hin und hergeschleudert wurden“.