Inside Kakanien I 43: Im Spiegel betrachtet

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Sie erinnern sich an A.E.I.O.U.? „Das wahre Österreich sei die ganze Welt.“ Ein Größer-Österreich, ein Weltösterreich. Damit könnte man sich vielleicht anfreunden. Eine Sacher-Torten-Welt, eine die sich in Johann Strauß-Walzern dreht. Ein Welt-Operetten-Staat.

Apropos: „Etwa angenommen, der Komponist des letzten Operettenwelterfolgs wäre ein Intrigant und würde sich zum Weltpräsidenten aufwerfen, was doch bei seiner ungeheuren Beliebtheit im Bereich des Möglichen läge: wäre dies nun ein Sprung in der Geschichte oder ein Ausdruck der geistigen Lage?“ Ja nu, Radio und Fernsehen waren im A.E.I.O.U.-Österreich noch nicht erfunden. Man sprach noch von Operetten – kein Film, kein Internetz und kein Serien-Streaming. Also auch kein Reagan und kein Trump, keine ACAB und auch die 49 Liz-Truss-Tage, die die BJ Show zum guten Ende brachten, waren noch nicht in Sicht.

Das wirkliche Österreich, der Viel-Völker-Staat, war die Welt im Kleinen. Das ideale Österreich war die Idee, an der die Welt sich geistig entzünden konnte. Die Idee Kakaniens, das alles zusammenführt: „in der Weltgeschichte geschieht nichts Unvernünftiges“, in der Welt natürlich schon. Die Weltgeschichte ist die Geschichte der Welt, in der viel Unvernünftiges sich ereignet (sich streitende Völkerschaften z.B.), das sich aber zu einer Geschichte zusammenreimt – so wie Österreich eben. Dafür gibt’s Operetten – und Parallelaktionen.

Und den Spiegel. Ja – auch den medialen, aber auch den anderen, also den, mit dessen Hilfe man sich selbst überwacht: „ursprünglich zur Freude geschaffen … sei [er] zu einem Instrument der Angst geworden, wie die Uhr, die ein Ersatz dafür ist, daß unsere Tätigkeiten sich nicht mehr natürlich ablösen“. Er hilft uns zu überprüfen, ob alles „sitzt“ und passt, obwohl es sich nicht fügt und widersteht. Denken Sie, lieber Leser, mal dran, wenn Sie sich das nächste Mal im Spiegel betrachten – aus kakanischer Perspektive.

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