Inside Kakanien I.4: Das blinde Huhn und sein Korn

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Es ist, wie es ist, sagt der eine, gleichsam „alternativlos“. Er hält sich für einen Realisten mit dem Sinn für Wirklichkeit. Es könnte auch ganz anders sein, sagt ein anderer, und lässt seine Phantasie spielen. Was kann man sich nicht alles ausdenken. „Wenn es Wirklichkeitssinn gibt, muss es auch Möglichkeitssinn geben“, aber nicht weil das Mögliche dem Wirklichen vorher geht. Im Gegenteil. Das Mögliche zeigt sich am Wirklichen. Mögliches und Wirkliches bedingen einander. Die Philosophen sprechen hier von Reflexionsbegriffen. Aber das tut erstmal nichts zur Sache. Der Sinn fürs Mögliche speist sich aus dem Wirklichen. „Es ist die Wirklichkeit, welche die Möglichkeiten weckt, und nichts wäre so verkehrt, wie das zu leugnen.“ Aber sie lassen sich wecken. Und darauf kommt es an. Dass das Wirkliche immer auch anders hätte sein können, macht es gerade zum Wirklichen. Das Huhn, das sich über das gefundene Korn freut, weiß nicht, dass es auch anders hätte kommen können. Weil ihm der Sinn fürs Mögliche fehlt, ist es tatsächlich „blind“ für die Wirklichkeit. Und deshalb freut es sich genau genommen auch nicht: es nimmt einfach Nahrung auf und regt seinen Stoffwechsel an.  Wir können uns die Welt anders vorstellen und deshalb können wir auch verstehen, was sie wirklich ausmacht. Kein Wirklichkeitssinn ohne Möglichkeitssinn. Nur wer die Wirklichkeit überschreitet ist wirklich Realist.