Wolfgang Wodarg ist wohl ein Verschwörungstheoretiker, also jemand der auf Verschwörungen schaut, sie beschreibt und erklärt. Er ist da einiges gewohnt. Als Mitglied des Bundestages (1994-2009) kennt er die konzertierten Versuche der Einflussnahme auf Politik bestens. Wolfgang Wodarg hat im Bundestag und auf europäischer Ebene viel Aufklärungsarbeit über die Geschäfte der Pharmaindustrie geleistet. Z.B. konnte er 2008/9 die inzwischen eingeräumte „falsche Pandemie“ der Schweinegrippe als solche entlarven und die Geschäftstreiber benennen.
Der Lobbyismus der Pharmaindustrie und ihre korrumpierende Wirkung auf das Gesundheitswesen und die Politik ist eigentlich bestens bekannt (siehe die Doku: Das Pharma-Kartell von Frontal21). Mit der Angst vor Krankheit lässt sich bestens Geld verdienen. Und wo es die Angst nicht gibt, da lässt sie sich mit viel Geld schüren. „Nicht die Dinge selbst“ sagt Epiktet (50-138), versetzen uns in Angst, sondern „die Meinungen, die wir über sie haben“. Und Meinungen kann man schaffen. Wie verkauft man Hausratversicherungen? Durch Bilder brennender Häuser und Geschichten von Hausbesitzern, denen unversichert nun nur eine Ruine bleibt. Wie verkauft man Zeitungen, gewinnt Einschaltquoten und Klicks? Durch Katastrophen und die Erzeugung von „katastrophalen“ Cliff-Hängern. Richtig aufbereitet klingeln die Kassen bei „falschen Pandemien“ so laut wie bei echten.
Um Falsche Pandemien [1] im Plural, aber natürlich vor allem um die bisher größte, die Corona-Pandemie geht es im gerade erschienenen Buch von Wolfgang Wodarg. Er hat schon im Februar/März 2020 davon gesprochen, dass die Rede von einer Pandemie heillos überzogen und die Maßnahmen völlig unverhältnismäßig seien. Seither gilt er als Corona-Leugner und Verschwörungstheoretiker. Letzteres wie gesagt nicht ganz zu Unrecht. Verschwörungen hat es immer gegeben und es ist gerade die Aufgabe einer kritischen Presse, Verschwörungen aufzudecken und nicht per se zu leugnen. Umgekehrt gilt natürlich auch, dass die Tatsache, dass es Verschwörungen gab und gibt, nicht bedeutet, dass alle gesellschaftlichen Fehlentwicklungen das Ergebnis von Verschwörungen sind. Dass die Pharmaindustrie korrupt und profitgierig ist, erklärt noch nicht den Wahnsinn, der bei der Corona-Bekämpfung um sich gegriffen hat. Tatsächlich lernt man aus dem Buch von Wolfgang Wodarg, dass es im Gesundheitssystem an mehr krankt als an der Korruption der Beteiligten.
Das Buch gibt einen Überblick über das, was sich kritisch zur Pandemiebekämpfung sagen lässt. Es lässt dabei kaum etwas aus, hat infolge dessen auch manche Wiederholung und ist mit seinen gut 400 Seiten für meinen Geschmack etwas zu lang geraten. Es ist engagiert und immer wieder – ausdrücklich – wütend geschrieben. Aus meiner Sicht hat es seine Stärken vor allem in den Teilen, in denen der Facharzt für Lungenkrankheiten und ehemaliger Leiter des Gesundheitsamts Flensburg spricht. Die Darstellung der Ausbreitung von Atemwegserkrankungen, der Vergleich mit Influenza und den „falschen Pandemie“-Vorgängern ist erhellend und hilfreich. Insbesondere über die verhängnisvolle Bedeutung des PCR-Test, auf die Wolfgang Wodarg von Anfang an hingewiesen hatte („Der Test ist die neue Seuche“), lernt man einiges.
Der Rubikon Verlag, bei dem das Buch erschienen ist, „bewirbt“ es reißerisch als eine Entlarvung der Pandemie „als Putsch von oben, gesteuert von Impfmafia und Techno-Elite“. Zum Glück ist das nur schlechte Werbung, die – wie meist – mit dem Produkt nicht viel zu tun hat. Auch dort, wo es mit Wolfgang Wodarg verschwörungstheoretisch durchgehen mag, ist mir sein Wille zur Aufklärung bei weitem lieber als das Duckmäusertum der Ja-Sager und Grundrechtsleugner.